Heinz D. Heise

Gereinigter Haushalt

Gedichte
Umfang: 124 Seiten
Preis: € 20,00
ISBN: 978-3-9519872-4-8

 

Ein Autor unterwegs durch Städte und Emotionen.

Gereinigter Haushalt

 

Vielleicht gibt es in der Lyrik so etwas wie poetische Hygiene, wonach die Beteiligten aufgeräumt in sich selber wohnen, und so geschützt sind von Lebewesen allzu einfacher 

Bauart, wie es Viren und Bakterien darstellen. Nur wer den täglichen Attacken als 

Zwischenwirt standhält, kann seinen künstlerischen Blick stabil halten wie auf einem Stativ.

Heinz D. Heisl hat eben noch von „Dieben im Haus“ erzählt, die zumindest am Papier die Hausordnung stören, und deshalb als Warnung am schwarzen Brett enden. Vielleicht ist auch ein schmutziges Verbrechen im Haus geschehen, und der Tatortreiniger musste eingeschaltet werden. 

Jetzt jedenfalls „singt“ er von einem „gereinigten Haushalt“, worin man die Brille ablegen kann, ohne dass sie verschmutzt. Die Reinigung des Haushalts wirkt sich positiv auf die Psyche des lyrischen Ichs aus, wo immer es auf der Welt hinkommt, es hat jene Gelassenheit an sich, mit der sich die wahren Bilder von Dämmerung, Strömung und Blues schauen lassen.

Für Heinz D. Heisl sind die Gedichte das Innig-Werden mit seinen drei Lebenszuständen als Musiker, Lyriker und Performer. Seine 113 Gedichte setzen zudem auf den bewährten Dreischritt aus Weltgeist, Stimmung und Materialisation.

 

Jedes Gedicht ist mit einem „Briefkopf“ überschrieben, „ich weiß nicht von wem es ist, es könnte aber von mir sein: eintausendeinhundertdrei“. Diesem Hinweis entspricht die These in der Musik, dass diese als Weltgeist vorhanden ist und sich als Stück manchmal auf das Instrument des Musikers setzt. Die Nummerierung von Tausend plus eins bis hundert entspricht einem Werkverzeichnis, das ironisch an große Musikarchivare wie Hoboken oder Köchel angelehnt ist.

In der Mitte der Gedichte braut sich aus Schlüsselwörtern das zusammen, was wir gemeinhin Gedicht nennen. Auffallend ist hier der Wechsel von Kapitel-Schrift und „Prosa-Brei“, mit dem die herausstechenden Begriffe zusammengehalten sind. Dazwischen gibt es noch allerhand Atemzeichen, musikalische Aufführungshinweise und graphische Auflockerungen, die auf eine geheime Hierarchie der Zeichen hinweisen.

 

„Unterzeichnet“ sind die meisten Gedichte mit Ort und Datum. Oft sind die Entstehungsorte Hotels in Amerika, Japan oder auch in Wien vor dem „Haushalt“ des lyrischen Ichs.

Thematisch entwickeln sich vor dem Leseauge zwei große Szenarien, das eine ist die Dämmerung als hybrider Zustand zwischen Tag und Nacht, das andere ist der Hafen, als Diffusum zwischen Ferne und Nähe, Wasser und Land.

Exemplarisch für dieses Wabern der Materien und Atmosphären heißt es: „das 

NACHTSCHIFF hat den Herren ::: / HAFEN verlassen liegt der MORGEN da und / DORT schießen BÄUME in den / HIMMEL, rote LATERNEN schwanken / auf KRÄNEN kalte TAVERNEN / stinken nach RAUCH & leere GLÄSER / sammeln letzte WÖRTER ein / huschen von LIEBESINSELN / SÄTZE brechen ab und zu ist / ein VOGELSCHREI dabei ansonsten / NICHTS ALS nur / die ENGE der LANDSCHAFT“ (11) Fixiert ist der Text in einem Café in Zürich mit genauem Datum aus 2018.

 

Dem Autor gelingt in dieser seltsamen graphischen Form, Musik, Stimmung und Botschaft zusammenzudrehen zu einem Strang, der dann vielleicht in den Blues hineinführt, sich um den Hals schlingt oder zu einem Schiff führt, das vertäut einfach da liegt.

Das graphisch geschulte Auge wird sofort aus den Schlüsselwörtern die Botschaften herauslesen, wie sie als Graffiti an den Häfen dieser Welt kleben. Didaktisch geschulte Augenpaare werden das Kindliche der Blockschrift aufspüren, wenn mit züchtigender Hand der Sinn der Wörter in die Kinderseele gefräst wird, und musikalische Augen schließlich werden sofort den Rhythmus dieser Texte erkennen, die Notenschrift zwischen den Akkorden 

 

Helmuth Schönauer